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Islands Wurzeln

Die Insel ist im Rahmen der Prozesse des Vulkanismus und der Plattentektonik entstanden. Gewichtige Rollen in der Entwicklung spielen die Spreizung von Ozeanboden am mittelatlantischen Rücken und die vulkanischen Aktivitäten eines Hot Spots. Hinzu kommen reiche Magmavorkommen in den Tiefen der Erdkruste und zahlreiche aktive Vulkane an der Erdoberfläche.


In bestehende Prozesse eingebettet – Jede Landschaft, die neu entsteht, kann nicht isoliert von den umgebenden Vorgängen betrachtet werden. Die Entstehung fällt in einen bestimmten Entwicklungsstand der globalen Prozesse. Deshalb als Erstes ein kurzer Blick auf häufig verwendete Begriffe und geologischen Modelle aus jener Zeit, einen Überblick über die zeitliche Einordnung zur Entstehung sowie der eigentliche Abriss über die Entstehung von Island.

Begriffe und Modelle

Begriffe und Modelle

Die Erdkruste und der oberste Teil des Erdmantels setzen sich aus grossen Platten zusammen, die durch Tiefseegräben und mittelozeanische Rücken voneinander getrennt sind. Die Prozesse der Plattentektonik, des Vulkanismus und ein Hot Spot spielen die Hauptrollen in der geologischen Entstehung von Island.

Kugelschalenmodell

Kugelschalenmodell der Erde

Vereinfacht kann man den inneren Aufbau der Erde in einem Kugelschalenmodell abbilden.

 

Dichte und Festigkeit – Danach besteht die Erde aus konzentrischen Kugelschalen, deren Materialien jeweils eine deutlich unterschiedliche Dichte und Festigkeit haben. Die Kugelschale mit der geringsten Dichte liegt am weitesten aussen und wird als Erdkruste bezeichnet. Danach folgen der äussere und innere Erdmantel und schliesslich die Kugelschalen mit den grössten Dichten, der äussere und innere Erdkern. 

Drucke in der Tiefe – Im Erdinnern in einer Tiefe von 6‘389 km ergeben sich bei 6‘300 Grad Celsius und rund 3.5 Mio. bar Druck für die Materie deutlich andere Bedingungen als an der Erdoberfläche bei 1 Bar Luftdruck. Bei Temperaturen wie in der Tiefe und Druckverhältnissen wie an der Erdoberfläche wäre Eisen ein Gas(!). Es sind nicht mehr die Temperaturen allein, sondern besonders die enormen Drucke, die die Aggregatszustände in diesen Tiefen bestimmen. Bei den erwähnten Drucken in der Tiefe und Temperaturen von 5‘000 Grad Celsius müsste man annehmen, dass Eisen und Nickel eine feste(!) Metallkugel wären.

Unzugänglichkeit – Doch der Erdkern ist für uns Menschen schlicht nicht zugänglich. Deshalb müssen ausgefeilte Experimente und Berechnungen anhand von Hilfsgrössen wie Erdbebenwellen durchgeführt werden, um die Verhältnisse in diesen Tiefen näher kennenzulernen. Das Thema "Druck und Temperatur in der Tiefe" wird denn auch rege diskutiert.

 

Lithosphäre – Für viele vulkanische Vorgänge sind die äussersten beiden Schichten von Bedeutung. Sie werden auch unter der Bezeichnung «Lithosphäre» zusammengefasst. Die Mächtigkeit der gesamten Lithosphäre variiert von wenigen Kilometern am mittelozeanischen Rücken bis 100 km, teilweise bis 200 km auf den Kontinenten. Beide bilden zusammen die äusserste Hülle der festen Erde und bestehen aus einzelnen Platten, die sich in Bewegung befinden (Plattentektonik).

Kugelschalenmodell der Erde (vereinfacht). Die Mächtigkeit der gesamten Lithosphäre variiert von wenigen Kilometern am mittelozeanischen Rücken bis 100 km, teilweise bis 200 km auf den Kontinenten. Bild verschiedene Quellen, Grafik Bernhard Knaus.

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Magma Lava Vulkanite

Magma, Lava, Vulkanite

Der Grundstoff aller vulkanischen Gesteine ist die Gesteinsschmelze aus dem Erdinneren. Fast alle Magmen haben eine Struktur aus Siliziumdioxid-Molekülen (SiO2). Die folgenden Begriffe beschreiben verschiedene Stadien in der Entwicklung von flüssigem Gestein.

Magma – (griechisch "geknetete Masse") Eine Gesteinsschmelze wird als Magma bezeichnet, solange sie sich noch im Erdinneren befindet und viele gelöste Gase enthält. Magma ist somit eine Mischung aus geschmolzenem Gestein, flüssigem Wasser, festen Kristallen, gelösten Gasen und manchmal auch Gasblasen. Die Temperaturen der meisten Magmen liegen zwischen 700 Grad bis 1300 Grad. Magma ist meist leichter als das umgebende Gestein und vermag als zähflüssige Schmelze in Kanälen aufzusteigen.

 

Lava – Sobald die Gesteinsschmelze aus einem Vulkan an der Oberfläche austritt und die meisten Gase entwichen sind, wird sie Lava genannt. Lava ist also «entgastes» Magma.

Vulkanite – Ist die Lava an der Erdoberfläche abgekühlt und erstarrt, ist ein vulkanisches Gestein entstanden. Vulkanite oder Ergussgesteine sind der Sammelbegriff für solche festen Gesteine, die aus Magma entstanden sind. Je schneller die Schmelze erkaltet, desto feinkörniger wird das Gestein. Je länger der Prozess der Erstarrung dauert, desto mehr Zeit haben die Mineralien, um grössere Kristalle zu bilden.

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Lavafeld auf Reykjanes.

Magmaförderung

Magmaförderung

Leistungsfähiger Vulkan im Querschnitt – Modellhafter Querschnitt durch einen Vulkan mit einem zweistufigen Aufbau. Vulkanschlote sind die an der Erdoberfläche sichtbaren Strukturen, die durch Magmareservoire und Magmakammern genährt werden. Ein Magmareservoir liegt in 8 - 10 km Tiefe, eine Magmakammer zwischen 2 - 6 km. Im Detail ist eine Intrusion dargestellt. Bild verschiedene Quellen, Grafik Bernhard Knaus.

Magma entsteht – Die Lithosphäre besteht aus einem Gemisch von Magmaschmelze und festem Gestein. In diesen Tiefen herrschen derart hohe Drucke, dass sich bestimmte Gesteine nicht wie starre Felsen verhalten, sondern sich plastisch verformen lassen. Die hohen Umgebungstemperaturen helfen mit, das Gestein zu Magma zu schmelzen. Die Prozesse sind aber noch nicht vollständig verstanden. Die Magmazellen sammeln sich in grösseren Magmareservoiren und kleineren Magmakammern, bevor sie gefördert werden.

 

Magmazellen – Die flüssige Magmaschmelze ist weniger dicht gepackt und deshalb leichter als das umgebende, feste Gestein und bewegt sich im günstigen Fall in Kanälen Richtung Erdoberfläche.

 

Magmareservoire – Magmazellen können sich in mächtigen, unterirdischen Kesseln, den Magmareservoiren sammeln. Sie enthalten praktisch nur geschmolzenes Magma. Ihr Inhalt schwankt zwischen hundert bis zu mehreren tausend Kubikkilometern. Sie kommen unter der gesamten Vulkanzone in 8 bis 10 km Tiefe vor.

Magmakammern – Häufig macht das Magma Zwischenstation in einer Magmakammer, einem Felskessel in 2 bis 6 km Tiefe. Eine Magmakammer ist mit einem Volumen zwischen 10 und 100 km3 deutlich kleiner als ein Reservoir. Aus Magmakammern wird das Magma über Vulkanöffnungen an die Erdoberfläche gefördert.
 

Magma-Differenzierung – Auf seinem Weg nach oben differenziert sich das Magma, indem Teile des umgebenden Gesteins eingeschmolzen werden, oder Teile des Magmas als festes Gestein zurückbleiben. Änderungen sind auch im Anteil von Flüssigkeiten und Gasen möglich. Gleichzeitig vermindert sich die Dichte des Magmas, es bleibt leichter als das feste Umgebungsgestein und kann weiter aufsteigen.

Eruption und Intrusion? Als Eruption bezeichnet man das Austreten von Laven, Gasen und Wasser aus einem Vulkan an der Erdoberfläche, unter einem Gletscher, aus dem Meeresboden oder am Seegrund. Die Gesteine, die nach dem Erkalten der Lava entstehen, sind die Vulkanite.

Intrusionen – Vermag das Magma nicht weiter nach oben zu steigen, so kann es unter hohem Druck in das bereits erkaltete Umgebungsgestein eindringen. Ein solcher Vorgang nennt sich Intrusion, das neue, langsam auskristallisierte Gestein wird zum Intrusivgestein. Solche Pfropfe werden erst sichtbar, wenn das umliegende Gestein durch Verwitterung und Erosion abgetragen ist.

Episoden – Viele Vulkane erleben in ihrem «Leben» mehrere Ausbrüche. Ein einzelner Ausbruch eines bestimmten Vulkans oder Vulkansystems ist eine Episode. Gerade bei älteren Vulkanen ist es schwierig, die genaue Anzahl zu ermitteln. Entweder fehlen die Daten oder die einzelnen Laven werden von nachfolgenden überdeckt.

Vulkane haben keine fixe Höhe – Höhen- und Breitenveränderungen sind bei Vulkanen keine Seltenheit. Der Öræfajökull galt lange als 2‘119 m hoch, doch nach einer neuen Messung am 4. August 2005 wurde die Höhe nach unten korrigiert auf 2‘110 m. Wenn sich eine Magmakammer unter dem Vulkan füllt, bläht er sich auf. Jeder Ausbruch kann seine Höhe verringern oder erhöhen.

Plattentektonik

Plattentektonik

Modell über die Entstehnung der Erde – Über Jahrzehnte haben bedeutende Wissenschaftler eine Theorie der Entstehungsgeschichte der Erdkontinente und der grossen Inseln entwickelt. Aus all diesen Bemühungen ist das Modell der Plattentektonik entstanden. Angesprochen sind damit die grossräumigen tektonischen Vorgänge in der äusseren Erdhülle - der Lithosphäre. Diese besteht aus der Erdkruste und dem äusseren Erdmantel.


Massgebende Erkenntnisse dieser Theorie spielen eine wichtige Rolle in der Entstehung der Insel: das Seafloor Spreading, die jungen mittelozeanischen Rücken und der Driftantrieb. Das umfassende Modell zeigt, dass die Räder von Vulkanismus und Tektonik oft ineinander greifen und sich gegenseitig antreiben.

Seafloor Spreading – Eines der ersten Ergebnisse war die auffällige, oft genaue Passung der Küstenlinien auf beiden Seiten des Atlantiks. Daraus und aus unzähligen weiteren Fakten ist das Modell entstanden, das aus einem einzigen Urkontinent im Laufe der Zeit verschiedene Kontinentalplatten entstanden sind, die auseinander driften und in unterschiedliche Richtungen wandern. Ein solches Auseinanderdriften wird als Seafloor Spreading bezeichnet.

Übersicht zur Verteilung der wichtigsten Kontinentalplatten auf der Erde. Bild USGS, public domain.

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Modell des Mittelatlantischen Rückens – Über dem mittelatlantischen Rücken liegt Island. In den Westen driftet die nordamerikanische Platte, in den Osten die eurasiatische. Der Rücken ist von Brüchen und Gräben übersäht. Bild aus «Geburt eines Ozeans» (1982).

Mittelozeanische Rücken – Die Bereiche, wo die Platten auseinander driften, sind die mittelozeanischen Rücken. Diese Rücken produzieren kontinuierlich frisches Magma aus Basalt, das die stetig auseinander driftenden Platten kittet.

 

Beispiel Island – Dazu gehören die europäische Kontinentalplatte, welche nach Osten driftet und die amerikanische, die es nach Westen zieht. Mittendrin liegt der Mittelatlantische Rücken, der auseinander zu brechen drohte. Wären da nicht die unzähligen vulkanischen Spalten, welche frisches Magma liefern und die driftenden Platten mit neuem Meeresboden zusammenkitten.

Warum driften Platten – Die aufsteigenden Magmaströme waren und sind noch immer die Motoren für die Plattendrift. Vereinfacht beschrieben, treiben sie die Platten an ihrer Unterseite durch gegensinnig drehende Bewegungen mit den Konvektionsströmen an. Dies gilt auch für den Fall Island. Bild unten: verschiedene Quellen, Grafik Bernhard Knaus.

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Aktive Riftzonen – Der mittelatlantische Rücken von Island umfasst alle wichtigen Vulkane und Vulkansysteme der Insel. Auf der Insel gab und gibt es eine oder mehrere aktive Vulkanzonen. Vermutlich haben sich die Vulkanzonen mehrmals in Beziehung zur Insel verschoben. Zu jener Zeit war die aktive Vulkanzone im Süden gespalten. Die westliche Zone führte über den Reykjanes-Rücken und den Langjökull, die östliche endete bei Surtsey im Meer.

1) Wichtige aktive Vulkansysteme Islands

2) Aktive Vulkanzonen zu jener Zeit:

  • im Norden die Nördliche Riftzone

  • im Süden gespalten in:

    • westliche Riftzone über Langjökull und Reykjanes-Rücken.

    • östliche Riftzone endet bei Insel Surtsey im Meer.

  • Zusätzlich war der Snæfellsnes Volcanic Belt aktiv.

Bild Jakobsson 1979, ergänzt.

Vulkane auf und in der Erde

Verbreitung Vulkane

Ob an einem bestimmten Ort ein Vulkan entstehen kann, ist in erster Linie von einer ergiebigen Magmaquelle abhängig. Ist der Druck in der Erde für eine explosive Förderung genügend hoch, oder die Ausflussbedingungen wie bei Spalten oder Krater günstig, dann sollte die Eruption beginnen können. Je nach Umgebung entstehen unterschiedliche Vulkanbauten.

Subaerische Vulkane – Vulkaneruptionen an Land. Dazu gehören die Stratovulkane und Schildvulkane, hinzu kommen die vulkanischen Spalten und Kraterreihen.

 

Submarine Vulkane – Unzählige und für uns meist unsichtbare Vulkaneruptionen spielen sich am Meeresboden unter Wasser ab. Dazu zählen die Spalten und Spaltenschwärme in der Lithosphäre im Meer, die besonders von Ereignissen der Plattentektonik gesteuert werden. Island ist eines der wenigen Inseln, auf denen die Auswirkungen dieser Vorgänge auch an Land beobachtet werden können. Einen nicht unbedeutenden Anteil an der gesamten submarinen Magmaförderung leisten die Hot Spots.

Subglaziale Vulkane – Vulkaneruptionen finden in Island häufig unter einem mächtigen Gletscher statt. Die Eisplatten können den Ausfluss von Lava behindern. Dazu gehören die Lavarücken und Tafelberge.

 

Unterseeische Vulkane – Vulkaneruptionen am Grunde von Seen erfolgen häufig als eine nachfolgende Eruption in einer frisch gebildeten Caldera, die sich inzwischen mit Wasser füllte.

 

Intrusionen im Untergrund – Wenn grosse Drucke zähflüssiges Magma in benachbartes festes Gestein pressen, entstehen Intrusionen. Vergleichbare Eigenschaften haben alte Vulkanschlote.

Auf der Erde am häufigsten sind die submarinen Vulkane entlang der mittelozeanischen Rücken, den Hot Spots über riesigen Magmareservoiren und weiteren Gebieten im Meer.

Hot Spot

Hot Spot

Nicht genug Material – Rund 90% von Island bestehen aus unzähligen, sich gegenseitig überlappenden und überdeckenden Basaltflächen. Die Magmaförderung aus dem mittelatlantischen Rücken genügte, um die auseinander driftenden Platten mit neuem Meeresboden zu kitten. Doch für die Entstehung einer Insel wie Island braucht es deutlich mehr vulkanische Kraft und noch viel mehr Material. 
 

Örtlich nicht eingeschränkt – Ein Hot Spot beinhaltet einen mächtigen Aufstrom heissen Gesteinsmaterials aus dem tieferen Erdmantel. Die Magmaförderung ist nicht an Plattengrenzen gebunden. Das bedeutet, Hot Spots können wohl an einem mittel­ozeanischen Rücken aktiv werden, können aber auch mittendrin in einer ozeanischen Platte liegen.
 

Im grossen Stil – Die Hot Spots haben Zugang zu riesigen Magmavorkommen und vermögen zusätzlich das umliegende feste Gestein einzuschmelzen und an die Erdoberfläche zu fördern. Unterwegs wird das Magma in Magmakammern gespeichert. Steigt der Druck auf die Kammer auf ein hohes Mass an, so liefern die Hot Spots Basaltlava im grossen Stil.

Positionen des Hot Spots – Im Laufe der Zeit wechselten die Platten ihre Positionen relativ zum Hot Spot. Im Falle von Island nimmt man an, dass sich die Kontinentalplatten verschoben haben, sodass ein vulkanischer Hot Spot direkt unter den mittelatlantischen Rücken zu liegen kam und seine bisher eher verhaltenen Aktivitäten in grossem Stil entfalten konnte. Wie damals allerdings diese Verschiebungen im Einzelnen ausgefallen sind und wie sie die Entwicklung Islands beeinflusst haben, das wird noch rege diskutiert.

Positionen bekannter Hot Spots – Übersicht über viele bekannte Hot Spots auf der Erde. Die Nummern beziehen sich auf eine Liste dieser Hot Spots in der Wikipedia. Die Liste und darunter die Karte hat Ingo Wölbern für die Wikipedia zusammengestellt. Dabei durchsuchte er die Erwähnungen in  zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen. Link

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Tektonische Brüche

Tektonische Brüche

Die Tektonik gibt neue Brüche im der Erdkruste vor, die der Vulkanismus nutzen und Magma an die Oberfläche oder in einen neuen unterirdischen Gang fördern kann.

 

Das Auseinanderdriften der Kontinentalplatten führt zu Spannungen im Fels. Ständig entstehen winzige Brüche und Klüfte an Schwächezonen. Manchmal werden ganze Gesteinspakete gegeneinander verschoben. In solchen Fällen ist die Bewegungsfläche eine «Verwerfung».

Auf Island häufig – Die Verwerfung, die tektonische Spalte, die Abschiebung und der Graben sind auf Island verbreitet. Alle haben mit Dehnungen der Erdkruste zu tun, wie sie für die Insel typisch sind. Bilder verschiedene Quellen, Grafiken Bernhard Knaus.

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Zeitliche Einordnung

Zeitliche Einordnung

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Geologische Zeitrechnung der Erdneuzeit. *Das Holozän umfasst auch die Jetztzeit und dauert nun schon 12‘000 Jahre, massstabsgetreu dargestellt in Strichbreite. Bild ©ICS, Grafik Bernhard Knaus.

Geologisch gesehen ist Island ein junges Land. Die ältesten Teile der Kruste sind rund 17 bis 20 Mio. Jahre alt und wurden bei einem alten, erloschenen mittelozeanischen Aktivitätszentrum im heutigen Bereich der Westfjorde gefunden. 
 

Alter der Erde – Zum Vergleich, die Erde hat ein Alter von 4.6 Milliarden Jahren. Seit mindestens 3.4 Milliarden Jahren gibt es Leben auf der Erde in Form von Einzellern. Doch in was für eine geologische Zeit fällt die Entstehung Islands?

Neue Zeitskala

Der alte Begriff «Tertiär» umfasste die älteren und längeren Abschnitte der Erdneuzeit von 66 bis ca. 2.6 Mio. Jahre. Allerdings soll der Begriff «Tertiär» heute in der geologischen Zeitskala nicht mehr verwendet werden. Das Tertiär wird neu unterteilt in die Perioden «Paläogen» und «Neogen».

 

Paläogen

Vor 66 bis 23 Mio. Jahren, total 43 Mio. Jahre – Zu Beginn des Paläogens kam es nach dem Aussterben der Nicht-Vogel-Dinosaurier am Ende der Kreidezeit zu einem deutlichen Anstieg der Artenvielfalt der Vögel. Auch die Säugetiere haben sich von den ehemals kleinen Formen in der vergangenen Kreidezeit zu den beherrschenden Landtieren entwickelt. Gegen Ende des Paläogens waren die Rüsseltiere die grössten Landsäugetiere. Island‘s Entwicklung begann am Ende des Paläogens vor 27 bis 30 Mio. Jahren.

 

Neogen

Vor 23 bis 2.6 Mio. Jahre, insgesamt 20 Mio. Jahre – Das Neogen ist gekennzeichnet durch die breite Entwicklung der Vögel und Säugetiere sowie durch die Entstehung von neuen Landbrücken. Zwischen den Kontinenten Afrika und Eurasien bildete sich eine Landbrücke, ebenso zwischen Nord- und Südamerika. Die neuen Brücken wurden für einen regen Faunenaustausch benutzt. Aus Afrika erschienen zu jener Zeit die Mammuts (Mammutidae). Das Klima kühlte sich langsam ab und führte die nördlichen Teile der Erde in das «Eiszeitalter».

 

Quartär

Vor 2.6 Mio. Jahren bis heute – Dieser Zeitraum wird in das Pleistozän (das eigentliche "Eiszeitalter") und das Holozän (die Nacheiszeit) unterteilt.

 

  • Pleistozän – Vor 2,6 Mio. bis 12‘600 Jahren, insgesamt knapp 2,7 Mio. Jahre – Gezeichnet ist das Pleistozän besonders durch den ausgeprägten Wechsel von Kalt- und Warmzeiten mit Vergletscherungen der nördlichen Teile Eurasiens und Nordamerikas. Die ersten Menschen erschienen im frühen Pleistozän. In Europa lebte der Homo neanderthalensis, der sich auf das kalte Klima Nordeuropas eingestellt hatte, jedoch vor rund 30‘000 Jahren aus noch unbekannten Gründen ausgestorben ist.

 

  • Holozän – Die Nacheiszeit von 12‘600 Jahren bis heute. Als ein Vorläufer des modernen Menschen (Homo sapiens) tauchte im Holozän der archaische Homo sapiens auf, der bereits in der Lage war, seine Umgebung durch Kreativität und ausgeprägte soziale Gefüge selbst zu gestalten und zu beeinflussen.

Entstehung Islands

Entstehung Islands

Start zur neuen Insel

Paläogene Basaltformation

  • Ähnliche Aktivitäten wie heute

  • Neigung älterer Basaltserien

  • Warmes Klima

  • Wärmeliebende Muscheln

Pliozäne Abkühlung

  • Früher Beginn

  • Wärmeliebende Arten verschwanden

Fünf wichtige Ereignisse im Quartär

  • Wechsel von Kalt- und Warmzeiten

  • Erhaltene Vulkane

  • Quartäre Sedimente

  • Mobergformation

  • Das letzte Glazial

  • Zwischenwarmzeit

  • Kleine Eiszeit

Start zur neue Insel

Start zur neuen Insel
 

Erste Eruptionen – Die ersten Eruptionen dürften sich ähnlich wie bei der Geburt der Insel Surtsey (1963-67) abgespielt haben. Einst explodierte heisse Lava im kalten Meerwasser und bildete ein Fundament aus Pillowlaven, über die sich Brekzien und feines Lockermaterial schichtete, das sich schliesslich zu Tuff wandelte. Die einzelnen Inselchen schlossen sich zu grösseren Landmassen zusammen und bildeten nach und nach das neue Island.

Island dürfte ähnlich wie die abgebildete Insel Surtsey entstanden sein. Bild NOAA 1963.

Paläogene Basaltformation

Paläogene Basaltformation
 

Die Vulkanite dieser Zeitperiode bestehen aus über 80% aus basaltischen Lavaströmen. 

 

  • Ähnliche Aktivitäten wie heute – Wahrscheinlich waren in jenen Zeiten die Vulkane in ähnlicher Weise aktiv wie heute. Die Basalte flossen aus Spalten, Kraterreihen, Schildvulkanen und Stratovulkanen. Heute sind rund 50 solcher Zentralvulkane in den tertiären Serien von Ost-, West- und Nordisland bekannt. In den meisten Fällen sind die damals aktiven Vulkane nicht mehr sichtbar, sie fielen der Verwitterung und Erosion zum Opfer. Erhalten geblieben sind jedoch die Zufuhrkanäle als Berggänge. Sie geben Hinweise, wie ein Vorgang zu jener Zeit abgelaufen sein könnte. Neben Basalten wurden deutlich weniger Andesite, Rhyolithe sowie Lockerprodukte gefördert.

  • Neigung älterer Basaltserien – Die ältesten Gesteinspartien liegen heute in Ost- und Südostisland sowie in den Westfjorden und im Norden des Landes, alles Regionen, die weit von den zentralen Vulkanzonen entfernt sind. Die Vulkane förderten zu jener Zeit unermüdlich neue Laven aus der aktiven Vulkanzone von der Mitte der Insel aus. Durch das Auseinanderdriften der Krustenteile und die damit zunehmende Belastung der älteren Kruste durch stetig neue Krustenteile kam es zur Neigung der älteren Basaltserien in Richtung Riftmitte. Die einzelnen Lavaserien liegen dachziegelartig gegeneinander versetzt. In Ostisland fallen die meisten Basalte in westlichen Richtungen ab, also auf die heutige, mittige Riftzone zu. Als interessierter Besucher kommt man sich beim Betrachten von solch schiefen Lavaserien vor wie in einem «schiefen» Land.

  • Warmes Klima – Aufgrund von Pflanzenfunden aus jener Zeit wird ein feuchtwarmes Klima vermutet. Die Polarkappen waren eisfrei. Die Torfbildung zeigt, dass reichliche Niederschläge flossen. Die Lateritbildung im Boden – ersichtlich an den roten Sedimentschichten (Hengifoss) – lässt auf eine rasche chemische Verwitterung schliessen wie sie heute in subtropischen(!) Gebieten zu beobachten ist.

  • Wärmeliebende Muscheln – Im Flachmeer vor der Küste Islands hat man wärmeliebende Muscheln gefunden. Man schätzt denn auch Durchschnittstemperaturen des wärmstens Monats um 15 bis 20 Grad C, im kältesten Monat soll sie nicht unter dem Gefrierpunkt gesunken sein. Die Niederschläge dürften gleichmässig über alle Monate des Jahres verteilt gewesen sein.

Geneigte Basaltserien im Mjóifjörður.

Pliozäne Abkühlung

Pliozäne Abkühlung


Der Übergang vom warmen Klima in die kalten «Eiszeiten» war ein langer Vorgang. Mehrere geologische Verschiebungen in der Erdkruste begleiteten diese Zeitperiode. Dabei änderten sich besonders die Positionen der Insel auf der Erdkugel und die Lage der Vulkanzonen. Beim Hot Spot nimmt man (noch) mehrheitlich an, dass er fix verankert war.

 

  • Früher Beginn – Die Prozesse der Klimaabkühlung begannen vor rund 6 Mio. Jahren in Island früh und verstärkten sich besonders im Pliozän vor 5.3 bis 2.6 Mio. Jahre. Zu jener Zeit lag über dem Kontinent Antarktika bereits ein Eispanzer, nur wenige Millionen Jahre später setzte die Vereisung der Arktis ein. Aus jener Zeit stammen die zahlreichen Gletscherkappen der höchsten Vulkane Island.

  • Wärmeliebende Arten verschwanden – In Island fehlten bereits zum Ende des Pliozäns in den fossilen Pflanzenfunden die wärmeliebenden Arten, die seither nicht wieder auf natürlichem Weg auf die Insel zurück gefunden haben. An ihre Stelle getreten sind die Nadelhölzer.

  • Muschelarten – In den umliegenden Meeren nahmen die kälteliebenden Muschelarten deutlich zu, die wärmeliebenden Verwandten dagegen verschwanden.

  • Kaltzeiten – Am Ende des Pliozäns wechselten die Kaltzeiten oder Glaziale schon mit den Warmzeiten oder Interglazialen ab. Während den ausgeprägten Kaltzeiten bedeckten die Gletscher bis auf wenige Nunataks ganz Island. Nunataks sind Gebirgsspitzen, die keine Spuren von Vereisung zeigen und deshalb (wahrscheinlich) nie vereist waren.

Wichtiges Quartär

Wichtige Ereignisse im Quartär
 

Hinsichtlich der Entwicklung von Island sind im Quartär fünf Fakten besonders erwähnenswert:

Wechsel von Kalt- und Warmzeiten – Kaltzeiten nannte man früher «Eiszeiten» oder Glaziale, Warmzeiten waren die «Zwischeneiszeiten» oder Interglaziale. Als sich die Temperaturen wieder andauernd erhöhten, begann die Nacheiszeit, das Holozän. Heute leben wir demnach im Holozän.

  • Pleistozän – Vor 2.6 Mio. Jahre bis zur Nacheiszeit (12‘000 Jahre). In diese Epoche fällt der häufige Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten. In den Gesteinsschichten auf der ausführlich dokumentierten Halbinsel Thörnes konnten insgesamt 14 Kaltzeiten nachgewiesen werden.

  • Holozän – Die Nacheiszeit begann mit dem Verschwinden der Gletscherschilde auf Island und dauert nun bereits 12‘000 Jahre.

Erhaltene Vulkane – Einige quartäre Zentralvulkane sind auch heute noch prominent in der Landschaft vertreten. Dazu gehört der Vulkan Snæfell, der über den Lagarfljót in Ostisland thront. Ebenso zählen dazu Snæfellsjökull auf der Halbinsel Snæfellsnes sowie Öræfajökull und Eyjafjallajökull. Auch einige jüngere Schildvulkane sind noch deutlich zu erkennen, wie der Lyngdasheiði am Südostrand des Þingvallavatn und der Mosfellsheiði, auf dessen Laven Reykjavik steht.

Quartäre Sedimente – Im Quartär hat sich die Erosion der Gletscher und Gletscherflüssen deutlich verstärkt. Die quartären Sedimente sind heute weitgehend verfestigt und ihrerseits oft von interglazialen Lavaströmen überflossen worden. So werden diese Sedimente vor Verwitterung und Erosion durch spätere Gletscherbewegungen geschützt. Die Mächtigkeit der Sedimente lässt sich aber nur schwer abschätzen, da nicht in allen Landesteilen die Gletschererosion vergleichbar stark wirkte.

Der Snaefell über dem Lagarfljót ist ein Vulkan aus dem Quartär.

  • Lavarücken und Tafelberge – Das Gletschereis behinderte die freie Eruption von Vulkanen. Nur in den eisfreien Gebieten entstanden Spalten, Schild- und Stratovulkane, unter Eis dagegen die Lavarücken und Tafelberge.

  • Mobergformation – Vor etwa 700‘000 Jahren entstanden die tief eingeschnittenen Täler und Fjorde. Die Gletscherbewegungen liessen einige Inselberge stehen, doch entstanden auch Strukturen, die heute noch die Landschaft prägen. Dazu zählen die Tafelvulkane Herðubreið (vgl. Bild) und Hlöðufell, die Schildvulkane Ok und Mosfellsheiði und die zahlreichen Palagonitrücken wie Sveifluháls und Jarlhettur.

  • Das letzte Glazial – Beinahe alle der heute sichtbaren glazialen Landschaftsformen sind während des letzten Glazials entstanden. Die Gletscher bedeckten wieder beinahe ganz Island. Nur wenige Inselberge wurden von den Gletschern umfahren. Ebenso selten waren die Nunataks, die aus den Eispanzern heraus ragten. Die verbleibenden Kapitel befassen sich mit diesen Landschaftsformen.

  • Zwischenwarmzeit (1000-1300) – In der Folge erwärmte sich das Klima und sorgte besonders in Europa für eine Warmzeit von 1000 bis 1400 (Lamb). Die Gletscher schmolzen. Lamb bezeichnete damit eine Klimaerwärmung, die er regional mit bis zu 1 bis maximal 2 °C angab und deren Höhepunkt er zwischen den Jahren 1000 und 1300 vermutet. Lamb fand Hinweise auf eine solche Erwärmung vor allem um den Nordatlantik.

  • Kleine Eiszeit – Mancherorts in Europa folgte auf diese Warmzeit die „kleine Eiszeit“ von etwa 1400 bis 1800. Sie war regional und zeitlich unterschiedlich stark ausgeprägt. Nur während eines Kernzeitraums, vom Ende des 16. Jh. bis in das letzte Drittel des 17. Jh, lässt sich eine ausgedehnte kühlere Phase ausmachen. Der Verlauf auf und rund um Island ist Gegenstand der aktuellen Forschung.

Der Herðubreið ist Teil der Mobergformation und als Tafelvulkan vor rund 700‘000 Jahren entstanden.

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