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Eisige Dynamik

Oberhalb der Firngrenze im Nährgebiet entsteht Gletschereis. Der Neuschnee verdichtet sich zu Firn und schliesslich zu Gletschereis. Ab einer bestimmten Masse beginnt das Eis von selbst zu kriechen. Aus klimatischen Gründen gibt es die Rückzüge oder auch Vorstösse. Ungewöhnlich sind die schnellen Vorstösse einzelner Gletscher.

Hartes Eis und Schnee kleidet die höchsten Gipfel des Öræfajökull. Unter der Eisdecke verbergen sich die Vulkane.

Gletschereis entsteht

Gletschereis entsteht

Schneegrenze – Gletschereis bildet sich oberhalb der Firnlinie. Über Jahre häufen sich die festen Niederschläge an. Unterhalb der Firnlinie schmilzt der Schnee im Sommer weg.

Neuschnee – Frisch gefallener Schnee ist weich und federleicht. Er besteht aus verzweigten, sechseckigen Kristallen. Durch das Schmelzen und Verdunsten bauen sich die Schneestrukturen ab, die Kristalle verdichten sich zu Körnern.

 

Altschnee – Der körnige Schnee einer Anhäufungsperiode, der noch keinen Sommer überdauert hat, wird als Altschnee bezeichnet.

 

Firn – Der Schnee, welcher ein Jahr alt ist und einen ersten Sommer überdauert hat, wird als Firn bezeichnet. Die Schneekristalle verdichten sich zu gerundeten und kompakteren Formen. Der Firn liegt im Nährgebiet der Gletscher. Die Grenze zwischen Nährgebiet (Firnansammlung) und Zehrgebiet (Firnschmelze) wird als Firnlinie bezeichnet.

 

Gletschereis – In 20 bis 30 m Gletschertiefe ist der Druck der aufliegenden Firn- und Schneemassen genügend hoch. Der Firn verringert sein Porenvolumen durch das Auspressen der noch eingeschlossenen Luft. In einer hohen Dichte, frei von Lufteinschlüssen, entsteht schliesslich das tiefblaue Gletschereis.

 

Farben von Gletschereis – Blau ist das Eis, weil Wasser die Eigenschaft hat, alle Farben des Spektrums ausser Blau zu absorbieren. Um allerdings als blaues Eis zu erscheinen, muss das reflektierende Eis eine bestimmte Mächtigkeit haben. Darunter erscheinen uns die dünnen Eisschichten wie die Eiswürfel in einem Drink durchsichtig. Gelangen frische Eisbrocken an die Luft, so entstehen im Eis und an der Oberfläche mit Luft gefüllte Risse. Diese reflektieren aber in der Farbe weiss. Deshalb erscheint Eis mit einem höheren Luftblasenanteil stets hellblau, klares Eis dagegen tiefblau.
 

Gletschereis entsteht – Aus 1 m mächtigem Neuschnee wird ein rund 2 cm dickes Gletschereis.

Farben – An der Luftoberfläche reflektierende Eisflächen lagern Luftblasen ein, welche das Licht hellblau reflektieren.

Bewegte Gletscher

 

Gletschereis folgt vereinfachend zwei verschiedenen Bewegungen, die voneinander unabhängig sind und sich überlagern können. Hinzu kommen die schnellen Vorstösse.

 

Bewegte Gletscher
Gletscherkriechen

Gletscherkriechen

Unter hohen Drucken verformen sich die Eismassen und beginnen, ab einer bestimmten Mächtigkeit als plastisch zähflüssige Masse unter ihrem eigenen Gewicht zu kriechen. Damit ein Kriechen der Eismassen stattfinden kann, muss sich das neue Eis zu Firneis verdichten, rund 30 bis 50 m mächtig sein und sich der lokale Untergrund zum Kriechen eignen. Die Kriechgeschwindigkeit ist abhängig:

  • Vom Gefälle und der Beschaffenheit des unterliegenden Reliefs – In einer steileren, hindernisfreien Umgebung ist es für Eismassen einfacher, sich zu bewegen.

  • Vom Druck im Firneis – Ist genügend Druck aufgebaut, so stossen die Eismassen unablässig nach «vorn».

  • Von der Leichtigkeit des Gleitens – Ein Schmelzwasserfilm zwischen Untergrund und Gletscherbasis vereinfacht das Kriechen. Das Schmelzwasser entsteht durch wiederholtes Auftauen und Gefrieren. Unebene Untergründe verlangsamen die Fortbewegung der Gletscher.

  • Von der Form des kriechenden Eises – «Stromlinienförmige» Eismassen können einfacher in Bewegung gehalten werden als verzweigte.

Eine Gletscherzunge «fliesst» vorbei – Blick auf den mittleren Teil der Gletscherzunge des Skaftafelsjökull.

Gletschervorstsse und -rückzüge

Gletschervorstösse und -rückzüge

Darunter fallen die klimabedingten Gletscherbewegungen. Schneereiche Winter führen zu Gletschervorstössen, warme Wetterlagen und sinkende Niederschläge zu Gletscherrückzügen.

 

Vorstösse – Nach mehreren schneereichen Wintern werden Gletscherzungen vorstossen und sich verdicken. Solche Eisfronten sind meist zerklüftet und schieben eine Endmoräne vor sich her. Am Untergrund dient das Schmelzwasser als Gleit- und Schmiermittel.

 

Rückzüge – Steigt die mittlere Jahrestemperatur im Zehrgebiet und bleiben die mittleren Jahresniederschläge im Nährgebiet gleich oder sinken sie, so ziehen sich die Gletscher zurück. Primär werden die Eiszungen dünner, erst in zweiter Linie werden die Eisflächen kleiner. Das Abschmelzen ist besonders stark, wenn warme Luftmassen über die Gletscher ziehen – die Gletscher «dampfen».

Zum Rückzug geblasen hatte damals schon der Hofsjökull. Langsam verflachen sich die Eisfronten. An der Endmoräne, wo der Fotograf steht, staut sich eine Gletscherlagune.

Schmale Grate und tiefe Spalten.

Durch schnelle Vorstösse entstehen an den Eisfronten tief eingegrabene Spalten und zackinge Eiszinnen.

Gletscher dampfen, wenn warme Winde und intensiver Sonnenschein im Sommer auf das Eis wirken. Die Oberfläche wird milchig weiss. Die Schmelzwasser fliessen durch Gletscherspalten in den Untergrund. Schwarze Basalttaschen sammeln sich auf der Eisoberfläche.

Geschwindkeit Gletschereis

Geschwindigkeit von Gletschereis

 

Die Geschwindigkeiten von Gletschern reichen von wenigen Metern bis zu einigen Kilometern pro Jahr. 

 

Beeinflussungsfaktoren – Die Bewegungen und damit die Geschwindigkeiten der Eismassen werden von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Dazu gehören die Hangneigung des Eises, die Beschaffenheit des Felsbettes, die Höhe der Temperatur und das Ausmass der Niederschläge. Je nach Ausgestaltung der Faktoren wird die Geschwindigkeit erhöht oder verlangsamt. Schmelzwasser am Grunde beschleunigt, ein trockener Untergrund verlangsamt die Geschwindigkeit des Eises.

 

Überlagerungen – Gletscher kriechen das ganze Jahr über, ihr Fortkommen ist nicht abhängig vom Klima – wohl aber die Ausdehnung ihrer Gletscherzungen. Die Eismassen stossen ins Zehrgebiet vor, fliessen aber nicht mehr so weit ins Gebiet hinein, da das Eis schon frühzeitig zu Wasser geschmolzen wird.

 

Zonenabhängigkeit – Innerhalb eines Gletschers ist die Fortbewegungsgeschwindigkeit nicht einheitlich.

  • Im Nährgebiet nimmt die Geschwindigkeit im Allgemeinen zu, im Zehrgebiet dagegen ab.

  • Die oberen Schichten des Eises können sich schneller fortbewegen als solche nahe dem Felsuntergrund. Am Boden wirkt ein grösserer Widerstand gegen die Eismassen und verlangsamt sie.

  • Die Eismassen bewegen sich in der Mitte schneller fort als an den Rändern. In der Mitte des Gletschers ist das Eis am mächtigsten und sein Gleitwiderstand am Untergrund demzufolge am geringsten.

 

Pässe überwinden – Ist der Druck aus dem Nährgebiet genügend hoch, so können Gletscher sogar aufwärts fliessen und Pässe überwinden.

 

Galoppierende Gletscher – Klimaunabhängig können einzelne Gletscher weite Strecken in kurzer Zeit zurücklegen. Dazu zählen wohl dokumentierte Einzelereignisse, bei denen die Eismassen ungewöhnlich schnell vorstossen. Pro Tag kann das Gletschereis bis zu 100 m zurücklegen wie der Síðujökull 1994. Die Front solcher Gletscher ist steil und stark zerfurcht, das Eisfeld dahinter deutlich auseinandergerissen und zerspalten.

 

Wasserdruck – Alle Faktoren zu solchen Ereignissen sind noch nicht geklärt, doch wenn sich ein Eisüberschuss im Nährgebiet und zugleich ein hoher Wasserdruck innerhalb des Gletschers aufbauen, so könnte es zu solch raschen Vorstössen kommen.​

  • Brúarjökull – 1963 und 64 stiess der Gletscher insgesamt 8 km nach Norden vor, im Tag bis zu 25 m. Ähnliche Vorstösse kamen 1750, 1810 und 1890 vor.

  • Dyngjujökull – Im Frühling 1999 bewegte sich eine «Eiswelle» über den ganzen Gletscher fort. Die Zungenspitze erreichte sie im September. Die Gletscherspitze schwoll an und zerteilte sich in unzählige Eisstücke. Die ganze Zunge verlängerte sich um einen Kilometer.

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